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Güttingen, Mäuseturm

Rekonstruktion des Mäuseturms als quadratischer, grosser Blockbau mit umliegenden Pfahlreihen als Wellenbrecher. Illustration: Jakob Näf.
Rekonstruktion des Mäuseturms als quadratischer, grosser Blockbau mit umliegenden Pfahlreihen als Wellenbrecher. Illustration: Jakob Näf. 
Etwa 250 m vor Schloss Güttingen befindet sich im Bodensee eine Untiefe mit den Überresten des sog. Mäuseturms. Massive Pfähle bilden ein 15 × 15 m grosse Quadrat, das gut aus der Luft zu erkennen ist (Bild 2). Die Freiherren von Güttingen werden als Erbauer dieser Anlage vermutet. Zwischen 1159 und 1357 errichteten sie auch die Burgen Kachel/Güttingen und Moosburg am Seeufer von Güttingen.
 
Das Amt für Archäologie Thurgau führte 2008 und 2012 erste Tauchuntersuchungen und 2018 eine Georadaruntersuchung durch. Diese bildeten die Grundlage für die für vier taucharchäologische Kampagnen in den Jahren 2017–2020. Insgesamt wurde eine Fläche von rund 3100 m2 untersucht.

Das Rekonstruktionsmodell zeigt den Mäuseturm, wie er vermutlich in Phase 2 (um 1150) aussah. Um 1150 (Phase 2) ersetzte der Blockbau einen älteren Mäuseturm, der um 1050 datiert (Phase 1). In beiden Phase war das Gebäude von fünf Pfahlreihen umgeben, die unter anderem als Wellenbrecher dienten. Zu den besonderen Funden zählen ein 3 cm grosses Glöcklein, ein Tafelmesser, zwei Spielsteine aus Knochen oder eine Zierscheibe. Weitere solche turmartigen Gebäude im See sind in Arbon, alter Hafenkopf, Rorschach Heidenländli oder Stansstad Wasserturm (Vierwaldstättersee).

Die naturwissenschaftlichen Datierungen der gefundenen Hölzer zeigen, dass die meisten Proben aus der Bronzezeit stammen (11–10. Jh. v. Chr.). Im und um die Untiefe erstreckt sich ein ca. 1,5 Hektar grosses Pfahlfeld einer mehrphasigen, spätbronzezeitlichen Siedlung. Zu dieser gehören zahlreiche Gefässkeramik und auch Bronzeartefakte, wie Lappenbeile und Schmucknadeln. Die bronzezeitlichen Funde und Befunde wurden bisher noch nicht ausgewertet.

Auch in römischer Zeit wurde beim Mäuseturm gesiedelt. Auf der Untiefe wurden römische Terra Sigillata, Spinnwirtel aus Lavez, Leistenziegel und ein eiserner Türriegel gefunden. Ein weiterer bedeutender Befund ist das das 150 m östlich des Mäuseturms liegende kleine Pfahlfeld, das ins 2./3. Jh. n. Chr. datiert. Diese Fundstelle gehört zu den wenigen römischen Fundstellen im thurgauischen Bereich des Bodensees. Die römischen Funde und Befunde wurden ebenfalls noch nicht ausgewertet.
 

Aufetaucht im Bodensee vor Schloss Güttingen – Die Büste von Jakob Conrad Baumann  
 
Die gefundenr Büste ausgestellt im Eingangsbereich der Büroräumlichkeiten an der Schlossmühlestrasse 15 in Frauenfeld.
Die gefundene Büste ausgestellt im Eingangsbereich der Büroräumlichkeiten an der Schlossmühlestrasse 15 in Frauenfeld.

Am 27. Februar 2019 entdeckte Beat Möckli während Taucharbeiten bei der Untiefe Mäuseturm vor Schloss Güttingen die Marmorbüste von Jakob Conrad Baumann - von Tischendorf. Dabei handelt es sich um ein bisher unbekanntes Kunstwerk der deutschen Künstlerin Julie Genthe. Die Suche nach der wahren Identität der abgebildeten Person und der Frage, wie die Büste in den Bodensee gelangte, wurde zu einer Detektivarbeit. Miriam Derungs gelang es, das Rätsel zu lösen und zwei lebende Nachfahrinnen zu finden. Unter den Familienfotos der Nachfahrinnen entdeckte sie das Beweisfoto zur Klärung der Identität. Daraufhin wurde entdeckt, dass die ältere Tochter, Victoire Boveri-Baumann, die Büste kurz nach dem Tod ihres Vaters bei Julie Genthe in Auftrag gab. Spätestens 1930 gelangte die Büste zur jüngeren Tochter, Erica Hoenig-Baumann, die mit ihrer Familie im Schloss Güttingen lebte. Nachdem Erica 1957 starb und das Schloss 1959 verkauft wurde, versenkte ihr Sohn Rudolf Hoenig die Büste seines Grossvaters im See.

Im Dezember 2024 wird in der Zeitschrift für Schweizerische Archäologie und Kunstgeschichte des Schweizer Nationalmuseums ein ausführlicher Artikel zur Marmorbüste erscheinen.

Zum übersichtlich illustrierten Stammbaum von Jakob Conrad Baumann - von Tischendorf
 
 

Dokumente und Video